Digitalisierung: Forschungsprojekt AUTOGRID will elektrische Verteilnetze fit für die Zukunft machen
Ilmenau: Während die großen Übertragungsnetzbetreiber in Deutschland weitestgehend automatisiert ihre Netze regeln, funktionieren die für die Energiewende besonders wichtigen Verteilnetze meist noch ohne Unterstützung durch automatisierte Helfer. Das im November gestartete Forschungsprojekt AUTOGRID verspricht nun effiziente Lösungen für eine clevere Netzautomation bis zum Hausanschluss.
Insgesamt belegt die Versorgungssicherheit der Stromversorgung in Deutschland einen weltweiten Spitzenplatz. Im Jahr 2018 stand die elektrische Energieversorgung im bundesweiten Durchschnitt von 8760 Stunden nur knapp 14 Minuten durch Ausfälle nicht zur Verfügung. Im Hinblick auf die Digitalisierung der so genannten Verteilnetze besteht jedoch Nachholbedarf.
Der größte Treiber für den höheren Automationsbedarf in der Mittel- und Niederspannung sind die Erneuerbaren Energie. Ob Windkraftanlage oder Photovoltaik: In ihnen arbeiten Wechselrichter, die Gleichstrom in Wechselstrom umwandeln und ins öffentliche Netz einspeisen. Millionen dieser Geräte sind inzwischen installiert und verändern damit fundamental die Funktionsweise der lokalen Stromnetze: Wo früher der Strom generell Richtung Hausanschluss floss, hat sich die Richtung nun umgekehrt: Strom wird aus den Verteilernetzen in die großen Übertragungsnetze eingespeist. Durch die nun weitestgehend wetterabhängige Erzeugung entstehen zudem neue elektrotechnische Systemdynamiken, die beherrscht werden müssen. Hinzu kommt der Aufbau einer lokalen Infrastruktur für Millionen elektrisch betriebener PKW.
Diese so genannten „umrichterdominierten Verteilnetze“ bieten jedoch mittels Digitalisierung besonders große Chancen für eine effiziente Automatisierung. Als erster Schritt werden hierfür im AUTOGRID-Projekt digitale, dynamische Netzmodelle entwickelt. Digitale Messsysteme und moderne Übertragungstechnologien wie 5G sorgen danach für die flächendeckende, datentechnische Ausrüstung realer Verteilnetze. Diese Daten wiederum füllen die vorher erstellten digitalen Modelle (digitaler Zwilling). Nun können verschiedene Betriebssystemoptimierungen zunächst in den Modellen validiert und anschließend auf reale Netze ausgerollt werden. Mit den Ergebnissen lassen sich z.B. erneuerbare Energien besser in die Netze integrieren, der Netzausbau minimieren oder z.B. die Ladepunkte für E-Mobilität optimal planen.
„Derartige Ansätze werden notwendig, um die Energiewende mit dem weiteren Ausbau der Erneuerbaren Energien erfolgreich zu meistern.“, berichtet Univ.-Prof. Dr.-Ing. Peter Bretschneider. Am Konsortium beteiligt sind aus der Forschung neben dem Fraunhofer IOSB-AST als Konsortialführer, die Technische Universität Ilmenau (Fachgebiet Elektrische Energieversorgung) sowie die Technische Universität Berlin (DAI Labor). Auf Seiten der Wirtschaft engagieren sich die A. Eberle GmbH & Co. KG, die P&M Power Consulting GmbH sowie die LEONI AG (Business Unit Technologie). Als assoziierter Partner konnte als großer Verteilnetzbetreiber die Bayernwerk AG gewonnen werden.