Freistaat Thüringen unterstützt mit Laborerweiterung am Fraunhofer IOSB-AST die Entwicklung zuverlässiger UV-Desinfektionslösungen
Ilmenau/ Erfurt 07. Januar 2022: Durch die Corona-Pandemie ist der Bedarf an innovativen Desinfektionslösungen weltweit massiv gestiegen. Das Fraunhofer IOSB-AST war hier bei einigen wegweisenden Systementwicklungen, etwa für Rettungswagen oder medizinische Geräte, tätig. Mit der Erweiterung des UV-Labors, welche vom Freistaat Thüringen mit 760.000 EUR gefördert wird, komplettiert sich das Angebotsspektrum nun um wichtige Prüf- und Messmethoden, die im Hinblick auf zukünftige Zertifizierungsprozesse für den Markt immer wichtiger werden.
Neben dem Klimawandel mit perspektivisch steigenden Temperaturen sorgt auch die zunehmende Weltbevölkerung mit höheren Bevölkerungsdichten dafür, dass pathogene Erreger wie Bakterien und Viren immer bessere Ausbreitungsbedingungen vorfinden. Die Zunahme von Epidemien und Pandemien wie SARS, MERS, EHEC, ZIKA, Vogel- und Schweinegrippe in den vergangenen 20 Jahren sind ein deutliches Indiz für diese besorgniserregende Entwicklung.
Der Verhinderung der Ausbreitung pathogener Mikroorganismen wird daher in Zukunft eine wachsende Bedeutung zukommen. Impfstoffe und Antibiotika sind Mittel der Wahl, sobald die Erreger identifiziert sind, benötigen aber kostbare Zeit bis zu deren Verfügbarkeit. Der Einsatz von wirksamen Desinfektionsverfahren stellt im Gegensatz dazu einen wichtigen Pfeiler zur Prävention im Vorfeld einer möglichen Ausbreitung dar. Die Desinfektion mittels UV-Licht, vornehmlich im UV-C-Band, bietet hier ein sicheres und vor allem sehr schnelles Verfahren, da es einerseits ohne Chemie auskommt und andererseits im Gegensatz zum Antibiotika-Einsatz keine Resistenzen auftreten können.
Die Arbeitsgruppe „Smarte UV-Systeme“ am Fraunhofer IOSB-AST unter Leitung von Dipl.-Ing. Thomas Westerhoff entwickelt seit mehr als acht Jahren wirksame UV-Desinfektionssysteme auf Basis von Halbleitern (UV-LEDs). Im Gegensatz zu den bisher in der UV-Desinfektion verwendeten klassischen, quecksilberhaltigen Gasentladungslampen ergeben sich bei LEDs vielfältige Vorteile: Keine Aufwärmphase, mikrobiologisch effizientere Wellenlängen, hohe mechanische Stabilität sowie deutlich mehr Freiheiten bei der Gestaltung der Geometrie der Strahlungsquelle. Letztere kann so optimal an die Einsatzrandbedingungen angepasst werden.
Gemeinsam mit verschiedenen Thüringer Industriepartnern wie der PURION GmbH in Zella-Mehlis oder der BINZ Ambulance- und Umwelttechnik GmbH in Ilmenau wurden bereits UV-LED-Desinfektionssysteme für Luft-, Wasser- und Oberflächendesinfektion entwickelt. Eine davon wurde im Rahmen des Thüringer Innovationspreises 2020 mit dem KPMG-Publikumspreis ausgezeichnet: Ein System zur raschen Innenraumdesinfektion von Kranken- und Rettungswagen.
Das Fraunhofer IOSB-AST verfügt zur Forschung bereits über ein kleines UV-Labor, in dem UV-Geräte entwickelt, optimiert und auf ihre Tauglichkeit geprüft werden können. Das Erreichen einer ausreichend hohen Bestrahlungsdosis ist entscheidend für eine wirksame Desinfektion. Momentan strömen jedoch insbesondere aus dem asiatischen Raum zunehmend Geräte auf den europäischen Markt, die kaum eine desinfizierende Wirkung haben oder nicht die Anforderungen des Strahlenschutzes oder der Gerätesicherheit erfüllen und somit ein beträchtliches Sicherheitsrisiko für den Betreiber darstellen. Dies macht unter anderem die Entwicklung von wirksamen und vor allem sicheren UV-Desinfektionssystemen unerlässlich.
Um den Anforderungen gerecht zu werden, wird das UV-Labor nun in 2022 in seinen Mess- und Analysemöglichkeiten - gefördert durch das Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft - deutlich ausgebaut. Ziel ist die Schaffung einer erweiterten Laborinfrastruktur für die anwendungsbezogene Entwicklung UV-LED-basierter Desinfektionssysteme in den verschiedensten Einsatzbereichen.
Neben der Erweiterung der Messtechnik zur optischen Vermessung und spektralen Charakterisierung von UV-Quellen, der Material-, Gas- und Partikelanalytik sollen auch die Messmöglichkeiten zur elektromagnetischen Verträglichkeit (EMV) ausgebaut werden. Dies geschieht insbesondere unter dem Aspekt der bevorstehenden Veröffentlichung der DIN EN 67506, in welcher die Prüfung von UV-Luftdesinfektionssystemen geregelt werden wird.
Zusätzlich zur Steigerung der eigenen Innovationsfähigkeit des Fraunhofer IOSB-AST können insbesondere auch Firmen aus Thüringen die Möglichkeiten des Labors nutzen, um ihre Desinfektionssysteme entwickeln, validieren und zertifizieren zu lassen. Dieses Projekt ist im Feld „Gesundes Leben und Gesundheitswirtschaft“ der „Regionale Forschungs- und Innovationsstrategie für intelligente Spezialisierung (RIS3)“ des Thüringer Clustermanagements angesiedelt.
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Download Pressefoto (JPG), Bildunterschrift: UV-LED-Luftdesinfektionsmodul für Lüftungsanlagen. Copyright: Fraunhofer IOSB-AST, indigo - Studio für Werbefotografie